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Das Risiko du selbst zu sein verschwendet

Die Idee ist toll: Ein Buch über das Das Risiko, du selbst zu sein. In diesen Zeiten, in dieser Welt, in diesem Leben. Wie weit man es spannen könnte, wie tief man blicken … könnte, wie brisant ein brillantes Buch dazu wäre. Ja, wäre. Es ist leider nur ein Soft-Esoterik-Buch geworden mit den üblichen Stereotypien.

Die Autorin Bahar Yilmaz ist eine sehr erfolgreiche Coachin. Ich kannte sie zwar nicht, aber ich bin auch nicht ihre Zielgruppe. Und ich sehe solche psycho-spirituellen Coaches mit religiösem Hintergrund kritisch.

Bahar Yilmaz ist jung und schön, sie ist zur rechten Zeit am rechten Ort und tut das, was ein Teil der Bedürftigen hören wollen. Sie stammt aus einer türkischen Familie, die vermutlich religiös geprägt war. Über die Frömmigkeit ihrer Eltern und spezifische Ereignisse in ihrer Kindheit gibt der verfügbare Artikel leider keine detaillierten Informationen. Es wird jedoch erwähnt, dass sie in einfachen Verhältnissen aufwuchs und ihre Familie muslimische Wurzeln hat. Diese Hintergründe könnten bedeuten, dass ihre Familie gewisse religiöse Überzeugungen und Praktiken pflegte.

Viele türkische Familien sind ganz natürlich religiös sozialisiert. Auch säkulare Menschen, Ärzte, wie ich erleben durften, gehen Feiertags in die Moschee. Und das bedeutet: Von frühester Kindheit an, vermutlich schon mit Mutterbauch wird man religiös geprägt. Das ist der Hintergrund. Man kommt also am Ende gar nicht auf die Idee, dass es keinen Gott, kein Bestelluniversum, keine ideale spirituelle Unsiverumswelt gibt. Vor allem dann nicht, wenn man jung attraktiv, klug und schön ist.

Yilmaz‘ eigene spirituelle Reise, die schon in jungen Jahren begann, deutet darauf hin, dass sie früh begann, ihre eigenen Überzeugungen zu erforschen, die über die traditionellen Lehren ihrer Familie hinausgingen. Ihre Arbeit und ihre Ansichten spiegeln eine breite Auffassung von Spiritualität wider, die nicht auf die Lehren einer einzelnen Religion beschränkt ist, sondern eine umfassendere, universelle Perspektive einnimmt​ (Wikipedia – Die freie Enzyklopädie)​.

Wie gesagt: Die Idee ist toll. Das Unperfekte, die Konsequenz ganz man selbst zu sein und sich zu zeigen, ist eine brillante Idee, der Titel ist brillant: „Das Risiko, du selbst zu sein“. Aber die üblichen Schlüsse, die Ausrichtung des Buches ist es nicht mehr. Das ist flach, stereotyp, üblich, spirituell halt. Sicher für viele gut und richtig – für Menschen mit Anspruch, mit intellektuellem Anspruch, mit gesellschaftlichen Reflexionsvermögen und Selbstkritik … ungenügend.

Es gibt bessere Bücher zu einem solchen Thema. Man muss in diesem Genre immer wieder betonen, dass diese Autoren nicht repräsentativ sind, dass sie religiös geprägt sind und eben keine Psychologen, keine Psychotherapeuten und … keine Heiler. Sie haben Talent und geben wahrscheinlich manchen Menschen etwas. Aber sie müssen auch kritisch gesehen werden. Ich glaube nicht, dass uns solche Schriften wirklich nützen, wirklich weiterbringen. Ihnen fehlt am Ende die Subtanz. Gute Ideen, richtige Riecher, aber nicht zuende gedacht, nicht auf den Punkt gebracht, nicht losgelöst von religiösen Ideologien, Verheißungen und von einem Universum, das sicher ganz anders ist, als manche es haben wollen.

Das Risiko, du selbst zu sein, kann dazu verleiten, sich weiterhin selber zu betrügen.

Zwischen verheißungsvoller Inspiration und Eso-Stereotypien

„Das Risiko, du selbst zu sein“ wird als Wegweiser zur Selbstfindung und Authentizität vermarktet, doch birgt es die typischen Fallstricke der Soft-Esoterik. Das Buch verspricht, Leser aus den Fängen alter Muster und Selbsttäuschungen zu befreien, doch läuft es Gefahr, in die üblichen Klischees spiritueller Coaching-Literatur zu verfallen, die oftmals mehr auf Wiederholung als auf wirklicher Innovation basiert.

Bahar Yilmaz bietet angeblich anhand eigener Erfahrungen und Übungen einen Ausweg aus der Selbstsabotage an. Jedoch sollte man kritisch hinterfragen, inwieweit diese persönlichen Anleitungen und Reflexionen tatsächlich eine universelle Anwendbarkeit besitzen oder lediglich bekannte Narrative neu verpacken. Das Buch beansprucht, tiefgründige Einblicke zu bieten, doch besteht das Risiko, dass es in der breiten Masse ähnlicher Werke untergeht, ohne echte Lösungsansätze zu bieten.

Es ist unerlässlich, sich bewusst zu machen, dass die Begeisterung des Verlags für sein Produkt nicht zwangsläufig die Vielfalt an Lesererfahrungen widerspiegelt. Manche mögen in „Das Risiko, du selbst zu sein“ eine Inspirationsquelle sehen, während andere es als wenig relevant für ihre persönliche Weiterentwicklung ansehen könnten, besonders wenn skeptische Leser die Originalität und Tiefe der vorgeschlagenen Methoden in Frage stellen.

Eine kritische Auseinandersetzung mit diesem Buch erfordert die Anerkennung der unterschiedlichen Reaktionen, die es hervorruft. Obwohl behauptet wird, dass die Übungen zur Selbstreflexion anregen, ist es wichtig, sich der potenziellen Echokammer bewusst zu sein, die sich in einem Feld bildet, das von gegenseitigen Abschreibungen und einem Mangel an wissenschaftlicher Fundierung geprägt ist. Wie bei jedem Pfad der Selbstfindung sollte die persönliche Resonanz auf die Inhalte kritisch betrachtet und hinterfragt werden, um echte von oberflächlichen Einsichten zu unterscheiden.

Das Risiko, du selbst zu sein – Wie du wagst, wofür dein Herz sich längst entschieden hat

von Bahar Yilmaz
272 Seiten, Integral Verlag (2022)
ISBN 3778793179
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Leseprobe Das Risiko, du selbst zu sein

Video-Trailer: Das Risiko, du selbst zu sein. Wie du wagst, wofür dein Herz sich längst entschieden hat.

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